FC Bayern: Die späte Genugtuung des Niko Kovac

Niko Kovac grüßt von oben: Der Bayern-Trainer gestern bei der Siegesgeier auf dem Rathausbalkon in München. Vor ihm: Meisterschale und DFB-Pokal. Foto: Imago Images / kolbert-press

Im Interview mit der Rheinischen Post prahlte der Trainer Dieter Hecking plötzlich mit seinem Wissen über das Alter seiner Berufskollegen. Lucien Favre und Ralf Rangnick jeweils 60, Peter Bosz 55, er selbst und Bruno Labbadia 53, Adi Hütter 49 Jahre alt – da gilt Niko Kovac mit 47 Jahren als Jungspund unter Deutschlands Spitzentrainern.

Wer wollte, konnte zwischen Heckings Zeilen eine gewisse Genugtuung heraushören, dass der prophezeite Generationswechsel ausgeblieben ist. Die ersten sieben Bundesliga-Plätze belegen eben nicht jene, die voriges Jahr, als Domenico Tedesco (33) mit dem FC Schalke 04 überraschend Vizemeister wurde, zu Botschaftern eines Jugendstils ausgerufen wurden.

Nicht das Alter entscheidet, wie modern oder erfolgreich der Fußball ist, den der Trainer spielen lässt, sondern immer noch das Fachwissen und die Verständigung über die ganz profanen Dinge des Fußballs. Nicht anders ist zu erklären, dass Niko Kovac seinen Job beim FC Bayern erledigt hat – und lieferte, was seine Bosse wollten, Meistertitel und DFB-Pokal. Die müssen ihn jetzt behalten.

Als Bayern-Trainer das Star-Ensemble hinbiegen

Dass er der erste ist, der als Spieler und Trainer das Bayern-Double gewann, verrät zum einen seine Erfahrung auf und neben dem Rasen, zum anderen die Dimension seiner  Leistung: Auch bei einem Verein wie dem FC ist es nicht üblich, dass die Meisterschaft mit Handauflegen geholt wird. Man muss dieses Star-Ensemble hinbiegen.

Das vereinswidrige Verhalten von Jerome Boateng bei den Abschlussfeiern seines Arbeitgebers gibt Außenstehenden Hinweise auf das Fegefeuer von Eitelkeiten, in dem sich ein Trainer, der außer einem Pokalsieg nicht viel an Lorbeer mitbrachte, zu bewegen hat. Jeden Satz und jede Geste diskutieren sie in München. Kovac hat es im ersten Jahr voller Wucht erlebt.

Anständigkeit statt Trophäensammlung

Die meisten Vorgänger (Ottmar Hitzfeld, Louis van Gaal, Jupp Heynckes, Pep Guardiola und Carlo Ancelotti) hatten schon Henkeltöpfe gewonnen, als sie zu Bayern kamen. Sie kannten deswegen die gruppendynamischen Prozesse, die eine Spitzenmannschaft in einer Saison durchläuft. Kovac brachte seine Anständigkeit und Bodenhaftung ein.

Das wird ihm hoch angerechnet. Die Fans im Stadion haben ein feines Gespür dafür, wenn dort einer, der in der Verantwortung steht, authentisch bleibt. Den Namen Kovac haben sie auch deswegen gerufen: Er gibt ihnen das Gefühl zurück, dass der Fußball Aufstiegschancen bietet, wenn man die Arbeit ordentlich erledigt.

Wer wird Trainer des Jahres?

Bei der Wahl Trainer des Jahres wird man diesmal grübeln müssen. Ist es Friedhelm Funkel, der mit einem Mini-Etat Fortuna Düsseldorf zum Klassenerhalt führte? Oder doch Niko Kovac, der Zweifel besiegte, vielleicht auch seine eigenen, und zwei Titel gewann? Verdient hätten beide die Auszeichnung.