Worum es dem Fifa-Präsidenten in Wahrheit geht

Angeblich geht es Gianni Infantino um den Fußball. So kann man sich täuschen. Foto: Imago Images / UPI Photo

Am Ende macht Gianni Infantino wieder das, was er am besten kann: Er wäscht seine Hände in Unschuld. Die Fußball-WM 2022 in Katar findet, wie man es seit 1998 kennt, mit 32 Nationen statt und nicht aufgebläht mit 48. Der Fifa-Präsident ist mit seiner Idee krachend an der Lebenswirklichkeit gescheitert. Sogar die kleinere Invasion von Fußballfans aus aller Welt schafft Katar, halb so groß wie Hessen, nur mit allergrößter Kraftanstrengung.

„Es wurde deshalb beschlossen, diese Option nicht weiter zu verfolgen“, ließ Infantino seinen Salto Mortale salopp von der eigenen Fifa-Abteilung kommentieren. Die Botschaft: Ich war’s nicht. So geht das seit Jahren beim Fußball-Weltverband: Da wird mal locker ein irrwitziger Gedanke in den Orbit posaunt, um der Wählerschaft in allen Winkeln des Erdballs ein bisschen Hoffnung auf eine WM-Teilnahme zu schenken – und dann floppt das Ding.

Mit dem Blatter-Gehabe bestens vertraut

Schon Vorgänger Sepp Blatter kam regelmäßig mit Vorschlägen um die Ecke. Vergrößerung der Tore, eine WM alle zwei Jahre, sexy Höschen im Frauenfußball — alles Luftnummern. Er wollte halt vor der Öffentlichkeit den Bürokratenstaub von seinen Ärmeln schütteln und seinen Fifa-Delegierten zeigen, wie innovativ er als alter Mann regieren kann. Wählt mich nur weiter! Infantino antizipiert das Blatter-Gehabe wie kein zweiter Fußballfunktionär.

Damit das niemand missversteht: Es ist gut und richtig, dass die künstliche Erweiterung des WM-Feldes um vier Jahre verschoben wird. Leider muss man sagen: Infantino kommt damit durch. Seine Wiederwahl in diesem Jahr steht nicht zur Disposition. Unterm Strich wird er seinen Stammwählern in Afrika, Südamerika und Teilen Asiens sagen können, dass er’s probiert hat. Nicht seine Schuld, dass Katar keine Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten hinbekam.

Historisches Glück will Katar nicht teilen

Die Wahrheit ist: Warum sollte Katar als WM-Gastgeber sein historisch großes Glück mit konkurrierenden Staaten wie Kuwait und Oman oder gar mit einem der verhassten Nachbarländer Saudi-Arabien und Bahrain teilen? „Es hängt von unserer Bereitschaft ab“, ließ Hassan al-Thawadi, der Generalsekretär im Organisationskomitee, am Wochenende wissen. Mit dieser spitzen Bemerkung wies Katar den Fifa-Chef brüskierend in seine Schranken.

Darum wird man kaum zur Erkenntnis gelangen können, dass Infantino zur Vernunft gekommen ist. Er hatte keine Wahl und musste sich fügen. Die Zeit spielt eh für ihn: In vier Jahren findet die WM wie geplant mit 48 teilnehmenden Ländern statt: mit Kanada, USA und Mexiko als Gastgeber – die können das. Der Fifa-Präsident wird das Mammutturnier 2028 als größtes Völkerfest der Geschichte feiern. Bis dahin macht Infantino, was er am zweitbesten kann: Schadensbegrenzung.